ID-Theorie

Eine kritische Auseinandersetzungen mit ID


Teil 2



In der Zeitschrift PM erschien 05/2006 unter der Rubrik "Kulturkampf" der folgende Artikel  
von Marianne Oertl:
 
 
Der wesentliche voranstehende Part des Artikels wird hier diskutiert.
 
Zum Schluss des Artikels befasst sich die Verfasserin mit der Frage: "Warum aber löst gerade  
diese Theorie noch immer und bei vielen Menschen so viel Widerwillen aus?" Sie bezieht sich  
im Folgenden oft auf den Sozial-Psychologen Joseph Berghold.  
 
"Der Innsbrucker Sozialpsychologe Josef Berghold nennt dafür drei Motive.
 
Zum Ersten ist sie eine Verletzung der Selbstliebe. »Denn im Lichte der Evolution war es ja  
nur ein Zufall, der zu unserer Existenz geführt hat. Das heißt also, dass unser Leben — außer  
dem, was wir selbst daraus machen — keinen höheren kosmischen Sinn hat.« Statt von  
irgendeinem Urprotoplasma abzustammen, wäre es für das Ego viel schmeichelhafter, das  
Geschöpf eines allmächtigen liebenden Schöpfers zu sein.
 
Zweitens brachte Darwin – so Josef Berghold – für unsere Allmachts-Illusionen eine herbe  
Einbuße. »Nicht ein weit über den Tieren stehendes Ebenbild Gottes zu sein, das uns  
berechtigt, uns die Erde untertan zu machen, das musste unser Machtgefühl gehörig  
ankratzen und zwingt uns zu einem viel bescheideneren Bild von unseren Möglichkeiten.
Ganz zu schweigen vom erschütterten Glauben an die Unsterblichkeit unserer Seele: Unsere  
Sterblichkeit liefert ja die am schwersten erträgliche Widerlegung unserer Allmachts-
Illusionen.«"
 
Zusammengefasst heißt das: Die Akzeptanz der Evolutions-Theorie führt zu einer Verletzung  
der Selbstliebe und zu einer Desillusion unserer Allmachtsgefühle. Wenn diese Diagnose  
stimmt, dann muss die Annahme der Evolutions-Theorie bei den Menschen starke  
Veränderungen im Denken und Handeln hervorrufen. So ist bekannt, dass verletzte  
Selbstliebe in der Regel dazu führt, dass derjenige auch anderen Menschen keine Liebe mehr  
zeigen kann. Wenn diese Diagnose also stimmt, dann hätte die Verfasserin des Artikels  
zugleich auch die Begründung dafür geliefert, warum die Zwischenmenschlichen Beziehungen  
in immer mehr Familien seit Jahrzehnten  erkalten.
 
"Für viele christliche Fundamentalisten ein besonderer Graus: Auch mit unseren Trieben  
müssen wir uns abfinden. Weil wir ein Teil des Tierreichs sind, ist es wohl illusorisch, die als »
unmoralisch« verurteilten Triebregungen durch bloße Willensentschlüsse beherrschen oder  
beseitigen zu können."
 
Diese Formel ist zwar unter Psychologen bekannt. Doch falls man die Sozial-Darwinischen  
Thesen, zu denen auch noch andere gehören, wirklich in die Gesetzes-Gebung einbrächte  
und als Grundlage für die Erziehung von Jugendlichen anwenden würde, dann würde man  
quasi den Anarchismus ausrufen. Frau Oertl bekennt sich jedoch dazu, denn sie bezeichnet  
jene Menschen, die sich bemühen ihre "unmoralischen" Triebe durch Willensentschlüsse zu  
beherrschen, als "christliche Fundamentalisten". Moral müsste neu definiert werden - dieser  
Umkodierungs-Prosess vollzieht sich jedoch schon seit langem im Hintergrund und es ist nur  
noch eine Frage der Zeit, bis die neue Moral zum Standard wird. Noch aber gibt es viele  
Menschen, die von der "Würde" des Menschen sprechen und das auch so meinen.
 
Zwar hatten wir inzwischen 150 Jahre Zeit, uns an diese Kränkungen zu gewöhnen, doch sind  
sie, wie man am Erfolg von ID sieht, immer noch wirksam.
 
Diese Ansicht der Verfasserin ist absurd, da sie doch verlangt, dass Menschen sich an eine  
objektiv vorliegende Kränkung ihrer Gefühle gewöhnen sollten. Es ist ja nicht etwa so, dass  
die von Josef Berghold gestellte Diagnose auf ein etwaig falsches Verhalten der Menschen  
zurück zu führen sei, sondern eben auf die in Form gegossene Lehre Darwins. Frau Oertl  
glaubt nun, dass sie persönlich sich an die Kränkungen, die die Theorie Darwins bei  
Menschen hervorruft, gewöhnt hat, während die ID-Theoretiker das nicht konnten - das sei  
der wesentliche Unterschied zwischen den Evolutionisten und den ID-Verfechtern. Aber es  
kommt noch mehr hinzu. Die charakterliche Anlage, zum ID-Verfechter bekommt man  
nämlich schon als kleines Kind.
 
Weitere Ursachen für das Verdrängen unerwünschter Realitäten wurzeln in der frühen  
Kindheit. »In der Kindheit der meisten Menschen gibt es zahlreiche Erlebnisse, bei denen ihre  
ursprünglichen Allmachtsgefühle allzu plötzlich abstürzen — mit der Folge, dass sie sich in  
überwältigendem Maße hilflos, allein gelassen, ungeliebt, verächtlich fühlen«, stellt Josef  
Berghold fest. »Eine wesentliche Auswirkung solcher traumatischen Erfahrungen besteht in  
einer tiefen inneren Spaltung: Das überwältigend, ängstigend, kränkend Erlebte bleibt meist  
unbewusst und führt ein Eigenleben in einem ›ausgesperrten‹ Teil der Seele, während man  
sich im bewussten Denken umso verzweifelter an die verlorenen Illusionen klammert.«
 
Aha, nicht überwundene traumatischen Erlebnisse im Kindesalter sind die Ursache für die  
spätere Entgleisung hinüber ins ID-Lager. Dem muss aber entgegen gehalten werden, dass  
die "Verdrängung unerwünschter Realitäten" doch genau das Gegenteil von dem ist, was  
derjenige tut, der sich mit ID befasst. Derjenige befasst sich nämlich intensiver mit Biologie  
und Evolutions-Theorie  als die allermeisten anderen Menschen. Er stellt sich den  
Widersprüchen immer neu aber er geht diesen nie aus dem Weg. Irgendwo muss die  
Verfasserin da wohl einen Denkfehler gemacht haben oder kann man all dem folgen, was sie  
noch hinzufügt?
Was so entsteht, kann man als Anfälligkeit für »magisches Denken« bezeichnen. »Wir wollen  
glauben, dass wir über verschiedene ›magische‹ Formeln verfügen, mit denen wir die Welt  
und das Leben ganz einfach erklären und in den Griff bekommen können, oder dass wir die  
Zwänge der Realität nicht so sehr beachten müssen, weil wir in unserer narzisstischen  
Einzigartigkeit darüber erhaben wären.«
 
Es stimmt, dass Psychologen viele interessante Zusammenhänge entdeckten und diese auch  
geeignet sind, viele Aspekte des menschlichen Handelns zu erklären. Mag das eben gesagte  
zutreffen, doch welcher Selektions-Faktor bewirkt, dass die Anhänger des Naturalismus  
davon nicht betroffen sind? Gerade sie sind es doch, die die Welt so einfach erklären, und die  
Moral immer mehr vereinfachen.
 
Nach Josef Berghold verstärken sich darüber hinaus bornierter Narzissmus und  
Allmachtsdenken wechselseitig und führen zu Rücksichtslosigkeit gegenüber den  
Mitmenschen und der Umwelt. »Im Wahn einer gottähnlichen Souveränität sperrt man sich  
gegen die Erkenntnis, wie sehr wir Teil der unterschiedlichsten sozialen und ökologischen  
Systeme sind, deren Gleichgewicht wir im ureigensten Interesse respektieren müssen.«
 
Im Internet kann man recht einfach bestimmte Studien zum Verhalten von Menschen  
durchführen. Es gibt die unterschiedlichsten Foren, in denen sich Menschen gedanklich  
austauschen und recht viele Daten über sich selbst zurücklassen. Man muss nur einmal  
diejenigen Foren besuchen, die sich explizit aus Atheisten rekrutieren. Nirgendwo mehr als  
dort findet man "bornierten Narzissmus" und Überheblichkeit. Ganz absurd ist die Ansicht,  
dass "christliche Menschen" sich "gegen die Erkenntnis sperren", Teil von sozialen und  
ökologischen Systemen zu sein. Woher Frau Oertl das nimmt, bleibt sicher ihr Geheimnis.
 
Dann ist es nicht mehr weit zum Abbau der sozialen Netze oder der Verweigerung auch nur  
minimaler Umweltstandards, wie man in den USA überdeutlich beobachten kann. Der  
zunehmende Einfluss der Evolutionskritiker geht einher mit einem Vormarsch des »
Neoliberalismus«, wie der Marktwirtschaftsfundamentalismus verharmlosend genannt wird.
»Ebenfalls eine Art von magischem Denken«, sagt Josef Berghold. »Zu glauben, man könnte  
die Lösung (fast) aller Probleme dem ›freien Spiel‹ der Marktkräfte überlassen und die  
Verantwortung des öffentlichen Gemeinwesens getrost immer mehr beseitigen, ist zweifellos  
hochgradig magisch.«
An dieser Stelle verlässt die Verfasserin die ursprüngliche Spur und verliert sich in einer  
Spekulation, der jede Grundlage fehlt. Es gibt nämlich keine einzige relevante Zuordnung von  
Marktwirtschaft und ID-Theorie. Und falls sie tatsächlich die moralische Einstellung der  
Menschen damit ansprechen will, die sich durch deren Weltanschauung ausdrückt - also  
atheistische im Vergleich mit christlicher Einstellung, so erübrigt sich jedes weitere Wort, weil  
auch in den USA trotz aller Bemühungen von Kreationisten und anderen  
Religionsgemeinschaften, nicht die christliche Minderheit zunimmt, sondern permanent der  
Atheismus zunimmt.
 
Am besten nichts hinterfragen, einfache Lösungen bevorzugen und alles »Böse« auf »
Sündenböcke« abwälzen. Kritische Einwände, Alternativtheorien, Analysen und alle Arten von  
rationalen Überlegungen sind unerwünscht.
 
Angesichts der ungewöhnlich vielen Irrungen und Fehler innerhalb eines einzigen Artikels,  
muss man fast annehmen, dass die Verfasserin so eben ihr Rezept niedergeschrieben hat.
 
Dass dies nicht übertrieben ist, zeigt die Situation der Naturwissenschaften in den USA. »Der  
Krieg der Republikaner gegen die Wissenschaft« heißt ein Politik-Thriller, in dem der  
renommierte Wissenschaftsjournalist Chris Mooney nachweist, dass die Bush-Partei  
systematisch Krieg gegen unbequeme wissenschaftliche Erkenntnisse und deren Autoren  
führt. Gezielte Desinformation der Bevölkerung, Drohbriefe und vor allem Verweigerung von  
Forschungsgeldern sind wirksame Mittel gegen unliebsame Wissenschaftler. Nicht nur die  
Evolutionsforschung ist betroffen, zum Beispiel werden auch die Erderwärmung und alle  
Zusammenhänge mit der Autoindustrie geleugnet.
 
Wie jeder weiß, ist das inzwischen lange her und die eventuell betroffenen Wissenschaftler  
konnten inzwischen weitere Evolutions-Forschungen anstellen und werden heute wieder  
mehr als je zuvor gefördert - vermutlich auch mehr als in den meisten anderen Ländern.
 
Untersuchungen über Sexualverhalten, Drogenmissbrauch oder Aids werden kaum noch  
gefördert, manche Forschungsprojekte sogar verboten. Es ist ein Kulturkampf, der sich zwar  
an Darwin entzündet hat, der aber auf das Gedankengut der Aufklärung zielt, auf den  
gesamten Reigen bürgerlicher Freiheiten, angefangen mit Gedanken- und Religionsfreiheit  
über Presse- und Forschungsfreiheit, die Freiheit bei der Wahl von Sexualpartnern bis hin zur  
Gleichheit vor Gericht. Mund halten, brav sein, dumm bleiben – das uralte Rezept der  
Herrschaft."   
 
Die wahnhaften Vorstellungen der Verfasserin über den "Kulturkampf" im Sinne von  
"christlicher Fundamentalismus" gegen Darwinismus haben sich als völlig unreal erwiesen.  
Hoffentlich meint Frau Oertl nicht auch die notwendige wissenschaftliche Debatte zwischen  
Evolutionisten und ID-Verfechtern, denn wenn sie diese verbieten will, dann sollte sie ihre  
Artikel doch in einem Land veröffentlichen, wo es noch üblich ist, das freie Denken zu  
verbieten. Es bleibt noch die große Frage zu stellen, warum die Zeitschrift PM Artikel mit so  
vielen relativ leicht erkennbaren Irrungen und Fehlern veröffentlicht?
 
 
siehe Artikelanfang:  »Intelligent Design« Mit Gott gegen die Evolution
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Wie wird Intelligent Design definiert?
 
Woran erkennt man Design?
 
Ist Intelligent-Design (ID) eine Wissenschaft?
 
Wie funktioniert ID
 
Eine kurze Darstellung der ID-Prinzipien
 
Wer ist der Designer?
 
Eine Kritik Martin Mahners an der ID-Position
 
Eine ID-kritische Auseinandersetzung mit Marianne Oertl in PM 5/2006
 
Eine ID-kritische Auseinandersetzung mit Kitcher anhand des Buches "Mit Darwin leben" Teil 1
 
Eine ID-kritische Auseinandersetzung mit Kitcher anhand des Buches "Mit Darwin leben" Teil 2
 
Eine ID-kritische Auseinandersetzung mit Kitcher anhand des Buches "Mit Darwin leben" Teil 3
 
Eine ID-kritische Auseinandersetzung mit Kitcher anhand des Buches "Mit Darwin leben" Teil 4
 
Diffamierung der Alternativen
 
Das Argument Nr. 1 gegen Intelligent-Design
 
Das Argument Nr. 2 gegen Intelligent-Design