ID-Theorie
Eine kritische Auseinandersetzung mit ID
mit Philip Kitcher in seinem Werk "Mit Darwin leben"
Teil 3
Wie bereits im 1. Teil dieser Besprechung des Werkes von Kitcher herausgestellt wurde,
kann man entgegen den Intentionen des Verfassers ID nicht in die Kategorie der
kreationistischen Theorien einordnen. Kitcher baut jedoch seine gesamte Argumentation
auf dieser Prämisse auf, wodurch die Relevanz für eine wirkliche Debatte um ID stark
herabgesetzt wird. Dennoch soll hier seine Argumentation verfolgt werden und auf
spezifische Irrtümer, die Teils auf Unwissen und Teils auf ungeprüft übernommene Thesen
zurückzuführen sind, hingewiesen werden.
Aus diesem Grund wird der Begriff "Kreationist", wann immer er von Kitcher verwendet
wird, auch so verstanden, wie er es beabsichtigt - als Vertreter der ID-Theorie.
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Das dritte Kapitel in seinem Buch "Mit Darwin leben" ist überschrieben mit "Ein einziger
Stammbaum". Er berichtet über Darwins Entdeckungen und die Entwicklung seiner
Theorie. Kitcher bringt weitschweifend Beispiele, die angeblich Intelligent-Design
widerlegen sollen, was sie aber alle nicht tun, weil Intelligent-Design diese Evolution
(Kitcher bringt Beispiele für Mikro-Evolution) anerkennt oder sogar als Design-Signal
ansieht. Kitcher führt die Evolution der Insekten, Pferde, Vögel und anderer als Beispiele
an. Er fragt sich unter anderem: "Was kann es Sonderbareres geben, als dass die
Greifhand des Menschen, der Grabfuß des Maulwurfes, des Rennbein des Pferdes, die
Ruderflosse der Seeschildkröte und der Flügel der Fledermaus sämtlich nach demselben
Modell gebaut sind und die gleiche Knochen in der nämlichen gegenseitigen Lage
enthalten?" Das mag vielleicht sonderbar für Kitcher sein, aber gemäß der ID-Theorie ist
genau das zu erwarten. Ein bewährtes Konstruktions-Prinzip bleibt erhalten und wird in
sehr verschiedenen Grund-Typen wieder eingesetzt.
Auf S. 71 behandelt er einige Probleme, die auch schon Darwin bekannt waren. Dazu
zählt er auf der einen Seite das Fehlen wichtiger Fossilien für die postulierten
Übergangsformen und auf der anderen Seite die Überfülle von Fossilien, wo sie nicht
erwartet werden - die sogenannte kambrische Explosion, eine Fülle von plötzlich
auftauchenden Lebensformen am Ende des Kambriums. Ein weiteres Problem, das Darwin
schon kannte, ist die Erklärung des evolutiven Entstehens komplexer Organe und
Strukturen. Es ist bekannt, dass Darwin diese Probleme nicht löste. Kitcher rückt dafür
andere Verdienste Darwins in den Mittelpunkt, wofür es auch viele gute Beispiele gibt.
Kitcher wechselt sehr oft die Richtung, behält dennoch das Thema über den gemeinsamen
Stammbaum im Auge. Auf. S.75 kommt er auf die genetische Ähnlichkeit zwischen
Schimpansen und Menschen zu sprechen. Die Länge der Chromosomen und deren
Bandenmuster sind auffallend ähnlich nur die Anzahl stimmt nicht überein. Vergleicht man
Mensch und Schimpanse auf allen biologischen Ebenen, dann stellt sich logischerweise
heraus, dass eine sehr hohe Ähnlichkeit gegeben ist, die lediglich in wenigen Merkmalen
von einander abweicht. Der Grundlegende Unterschied ist die Sprachfähigkeit, die
Fähigkeit zum abstrakten Denken und weitere Leistungen des Gehirns. Würde man eine
Liste anfertigen mit all den fast identischen Bauteilen des Menschen und Schimpansen, so
wäre diese enorm lang. Daraus folgt zwingend, dass sich diese Ähnlichkeit im Genom
(Genotyp) widerspiegelt. Kitcher nennt aus guten Gründen nicht die vor einigen Jahren
noch aufgestellte Behauptung, es handle sich um 99% Übereinstimmung, denn diese
Angaben wurden inzwischen weiter nach unten korrigiert. Die darwinistische Erklärung für
den Unterschied der Chromosomenanzahl lautet wie folgt: "...dass die vier Arten
[Schimpansen, Gorillas, Orang-Utans, Menschen] von einem gemeinsamen Vorfahren
abstammen, der 24 Chromosomenpaare besaß, und dass zwei dieser Chromosomen sich
zum menschlichen Chromosom 2 verbanden." Diese Chromosomen-Fusion gilt als einer
der stärksten Beweise für die gemeinsame Abstammung des Menschen und Affen. Ein
Evolutionist will solche Fakten auch nicht anders deuten.
Entscheidend an diesem Genom-Vergleich ist scheinbar etwas ganz anderes. Welche
Wirkung hat die Aussage einer so hohen Prozent-Zahl bei einem Fachmann und bei einem
Laien? Der Laie wird beeindruckt erkennen, dass eine so hohe Zahl - genannt wird in der
Regel eine Zahl größer als 98% - die Lehre Darwins bestätigt. Der Fachmann, selbst wenn
er eine Darwinist ist, wird das aus dieser Zahl zunächst noch nichts ableiten, weil sie über
die tatsächliche Genexpression oder gar die tatsächlichen Gen-Aktivität nichts aussagt.
Forscher des Berliner Max-Planck-Institutes für Molekulare Genetik fanden zum Beispiel
auf dem Chromosom 21 zwei Regionen mit großen Unterschieden zwischen Schimpansen
und Menschen, wo sie 18 Gene entdeckten, die beim Menschen aktiv sind aber nicht beim
Schimpansen. Hierbei handelt es sich nur um ein Beispiel von vielen, das zeigt, dass der
Unterschied zwischen Affe und Mensch weniger in der Genausstattung als vielmehr in der
spezifischen Genaktivität zu suchen scheint. In einem Artikel des Instituts heißt es dazu:
"Die Forscher fanden auf diese Weise heraus, dass es eine erhebliche Anzahl an Genen
gibt, die bei Mensch und Schimpanse unterschiedlich benutzt werden. Dabei scheint sich
im Laufe der Evolution die Benutzung der Gene im menschlichen Gehirn wesentlich
stärker geändert zu haben als beim Schimpansen: Fast viermal so viele Unterschiede
haben sich im menschlichen Gehirn angehäuft. Dies ist ein erster wichtiger Hinweis
darauf, dass die funktionellen Unterschiede zwischen einem menschlichen Gehirn und dem
Gehirn eines Schimpansen auch auf molekularer Ebene eine Entsprechung finden."
Die tatsächliche Übereinstimmung der Chromosomen von Menschen und Schimpansen ist
also weniger real als eher scheinbar. Dennoch kann man immer wieder diese irreführende
Behauptung von Evolutionisten lesen. Um eine solche Behauptung wissenschaftlich zu
rechtfertigen, müssen viel tiefere Vergleiche angestellt werden, als jene, auf denen diese
irreführenden Behauptungen fußen. Auf einem Vergleich des selben Niveaus ergibt sich
dann auch die Ähnlichkeit zwischen Mensch und Fadenwurd zu 75%. Was soll eine soche
Aussage bedeuten?
In einem Artikel über Schimpansen (aus dem Jahre 2003) wurden folgende grobe
Unterschiede aufgelistet:
1. Der Mensch hat 23 Chromosomenpaare, der Schimpanse jedoch 24.
2. Die Telomere der Affen sind etwa 23 Kilobasenpaare groß, beim Menschen nur 10KB.
3. Während 18 Chromosomenpaare praktisch identisch sind, befinden sich in den
Chromosomen 4, 9, und 12 die Gene und Markierungen nicht in der selben Reihenfolge
bei Menschen und Schimpansen.
4. Das Y-Chromosom hat eine andere Größe und viele Markierungen, die nicht
übereinstimmen.
5. Im Chromosom 21 gibt es große unterschiedliche Regionen.
6. Das Schimpansengenom ist 10 % größer als das menschliche Genom.
Dem ist hinzuzufügen, dass es eine bislang unbekannte Anzahl Gene gibt, die zwar
gemeinsam im Genom vorhanden sind, aber entweder beim Menschen oder beim
Schimpansen deaktiviert sind. Im Jahre 2006 war in einer Pressemitteilung des MPI Berlin
ergänzend zu lesen: "Die neuen Ergebnisse legen nun allerdings nahe, dass der
Unterschied zwischen Menschen und ihren nächsten Verwandten nur durch das
Zusammenspiel von unterschiedlicher Genregulation und Veränderungen in den Genen
erklärt werden kann." Dabei ist die Intensität der Gen-Regulation ebenfalls ein Maßstab.
Nicht zuletzt sollte man die Frage aufwerfen, wie denn 98% identisches Erbgut ermittelt
werden kann, wenn das Genom des Schimpansen 10% größer ist als das des Menschen?
Die wirklich kritische Frage lautet dann: Wann und wie kam es zu den wirklich relevanten
Unterschieden zwischen diesen beiden Arten, die sich auf über 1000 Genen
manifestieren? Die Antwort der Darwinisten lautet, dass die Divergenz der beiden Arten
circa 4 bis 6 Millionen Jahre Evolution erfordert hat. Die Antwort der ID-Forschher lautet:
In der jüngeren Vergangenheit (evtl. vor 40.000 Jahren) wurde das Genom der
bestgeeigneten zu diesem Zeitpunkt auf der Erde lebenden Primaten von
hochintelligenten Bio-Designern derart modifiziert, dass als Ergebnis Homo-Sapiens auf
der Erde ausgesetzt werden konnte.
Bei seiner Diskussion übersieht Kitcher, dass das Wort "Verwandtschaft" auch eine
übertragene Bedeutung hat. Es gibt nämlich auch dann eine Verwandtschaft, wenn zwei
unterschiedliche Typen nacheinander vom selben Konstrukteur entwickelt werden. Falls
der Konstrukteur effizient arbeitet und Erfahrung hat, so wird er in einer ganzen Reihe
von Typen ähnliche oder sogar identische Baugruppen einsetzen. (siehe: Grundtypen)
Seitens der ID-Theorie gibt es in diesem Sinne die volle Zustimmung dafür, dass die Arten
verwandt sind.
Auf S. 78 spricht Kitcher die von ihm als "Haushaltsgene" bezeichneten Gene an. Er weist
darauf hin, dass wir sie in allen Lebensformen finden, so z.B. bei "Pilzen, Farnen,
Würmern und Weichtieren, Fischen und Vögeln und Säugetieren". Leider sind seine
Darlegungen zu diesen äußerst interessanten Genen etwas dürftig, sodass eine genauere
Beschreibung hier eingebracht werden muss: Es handelt sich um Gene, die für die
Individualentwicklung bedeutend sind, weil ihre Genprodukte die Aktivität anderer,
funktionell zusammenhängender Gene im Verlauf der Individualentwicklung steuern - d.h.
sie bestimmen den Bauplan des Körpers. Die Genprodukte dieser Gene dienen quasi als
übergeordnete Informationsstruktur die die Verarbeitung Protein-codierender Gene
regulieren. Diese Gene werden auch Hox-Gene genannt und haben alle einen kurzer DNA-
Abschnitt, der bei verschiedenen Tiergruppen weitgehends gleich ist.
Und wieder kommt eine derart unqualifizierte Frage von Kitcher, dass sie dennoch als
Beispiel dafür dienen soll, wie wenig durchdacht Kitchers Argumente sind. Er fragt:
"Weshalb sollten so verschiedene Lebewesen vewandte DNA-Sequenzen aufweisen, wenn
große Gruppen von ihnen gesondert erschaffen wurden? Die Kreationisten müssen darauf
antworten, diese Gene seien eine besonders gute Designidee und Versionen dieser Gene
seien erforderlich, um wichtige Aufgaben in all diesen Lebewesen zu erfüllen - denn
andernfalls wäre ihre durchgängige Verwendung nur ein weiters Beispiel für die Launen
des Schöpfers."
Das Prinzip der Konstruktion einer folge von verschiedenen Stamm-Formen von
Lebewesen folgt ganz klaren Regeln. Im Bereich der Ingenieurs-Tätigkeit kann man heute
den Prozess in großen Konstruktions-Büros am besten nachvollziehen. Dort wird von
erfahrenen Konstrukteuren das Konzept der gesamten Entwicklungs-Reihe geplant und
organisiert. Es werden Baugruppen und Module entwickelt, die je nach Funktion in den
meisten Typen oder nur in einer Klasse von Typen eingesetzt werden. Nur auf diese Weise
entsteht Effizienz - die nicht nur während des Konstruktions-Prozess wichtig ist, sondern
vor allem auch beim Entwicklungs-Prozess. Wer also ID verstehen will, der muss nur
verstehen, wie ein effektives Entwickler-Team arbeitet, das natürlich noch weit von den
Möglichkeiten entfernt ist, die die Designer des Lebens hatten.
Aus dieser Überlegung folgt mit logischer Konsequenz, dass gerade solche modularen
Elemente der DNA ein überragender Beleg für die Entwicklungsarbeit eines
hochintelligenten Konstrukteurs ist.
Zurück zu Kitchers irrigen Fragen, die er auf S. 79 fortsetzt: "Wenn ein talentierter
Ingenieur einen Wal von Grund auf neu konstruierte, käme er wahrscheinlich nicht auf die
Idee, ihn mit rudimentären Becken auszustatten." Kitcher versteht von ID offenbar gar
nichts, denn andernfalls würde er diese Frage nicht stellen. (Warum traut er sich dann
dieses Buch zu schreiben? Wer weiß.) Also, der Wal ist eine Art, die eine längere Evolution
hinter sich hat. Er gehört zur Ordnung der Urwale, welche aus der Sicht der ID-Theorie als
eine Stamm-Form (Grund-Typ) anzusehen ist. Ein Grund-Typ ist eine Lebensform, die
ursprünglich in das Biotop Erde ausgesetzt wurde, und von Anfang an mit einer Anzahl
von Genen, die vorerst noch "still gelegt" (ausgeschaltet) waren. Aus diesem Gen-Pool
schöpfend, konnten sich unter dem Selektions-Druck in zum Teil rascher Folge sehr
unterschiedliche Familien entwickeln, die inzwischen in Form unterschiedlichster Arten auf
der Erde leben. Es ging stets alles mit rechten Dingen zu und alles Fakten, die wir heute
beobachten, sind im Rahmen der ID-Theorie erklärbar.
Obwohl das Buch "Mit Darwin leben" im Original 2007 veröffentlicht wurde, enthält es
tatsächlich noch Argumente, die schon längst keine mehr sind. So argumentiert Kitcher
auf S.79: "Und wer die Genome von Lebewesen zu entwerfen hätte, käme sicher nicht auf
die Idee, sie mit Müll zu füllen." Dem kann man natürlich nur zustimmen. Das Problem an
Kitchers Argument ist, dass es abgrundtiefer Unsinn ist, das Genom sei mit Müll angefüllt.
Vor vielen Jahren glaubten die evolutionistisch arbeitenden Genetiker, die nicht-
codierenden DNA-Sequenzen seien "Abfall" aus der Entwicklungs-Geschichte und werde
lediglich noch im Genom herumgetragen - ohne jeden Sinn. Im Prinzip von Jahr zu Jahr
verringerte sich die Prozentzahl des angeblichen Abfalls - und zwar in dem Maße, wie man
begann zu begreifen, wie unglaublich raffiniert die genetischen Prozesse in Wirklichkeit
abliefen. Gegenwärtig ist man sehr vorsichtig mit dem Begriff "Junk-DNA" bzw. Müll-DNA,
da man nicht genau weiß, welche Funktionen diese zuweilen riesigen Abschnitte haben.
Eine Erklärung von Wolfgang Marks (2009) verfolgt eine ganz neue Entdeckung, nämlich
dass nicht allein die DNA eine codierte Information trägt, sondern im chromosomalen
Zustand auch deren Träger, die Histone. Er hat herausgefunden, dass der größte Teil der
nicht Protein-codierenden Sequenzen wesentliche Informationen durch die zugeordneten
Histone aufmoduliert bekommt - wobei eine größere Anzahl unterschiedlicher Histon in
Aktion tritt. Dieser Autor kommt zu dem Schluss, dass vermutlich 100% der DNA des
Genoms von Bedeutung ist. Leider scheint Kitcher noch gar nichts von all den neusten
Entdeckungen zu wissen und er argumentiert munter weiter - bis hin zu der Aussage,
dass überall Pfusch erkennbar sei.
Kitcher macht weiter: "Welche konkurrierenden Erklärungen könnten die Kreationisten
dafür anbieten? Schließlich können sie nicht behaupten, das seien erstaunlich gute
Baupläne. Denn vieles von dem, was wir dort finden, ist Flickwerk, chaotisch und teilweise
so gefährlich, das neue Verfahren zur Eindämmung der Risiken entwickelt werden
mussten." Wie bereits dargelegt, hat die ID-Theorie eine ausgesprochen gut mit den
Fakten übereinstimmende Erklärung, die natürlich die evolutiven (vom Designer
vordefinierten) Verzweigungen berücksichtigt. Es muss an dieser Stelle angemerkt
werden, dass Kitcher, wie andere Autoren darwinistischer Literatur der letzten Jahre auch,
einen neuen Stil in die Diskussion einbringt. Es ist auffallend, dass neuerdings die
biologischen Systeme immer öfter als Pfusch, als Abfall, als zusammengeschustertes
Durcheinander und Ähnliches bezeichnet werden. Die damit verfolgte Absicht ist klar: Der
Laie, der diese neuen "Lehrbücher" der Evolution liest, soll nicht mehr den Eindruck
erhalten, der in früheren Lehrbüchern vermittelt wurde, nämlich, dass die biologischen
Systeme genial und hoch effektiv sind. Der Laie soll nur den einen bleibenden Eindruck
erhalten: Die Lebewesen sind alle dermaßen schlecht gebaut, dass der Gedanke an einen
"Schöpfer" oder "Designer" von vorn herein unsinnig ist. Die Fakten sprechen jedoch eine
andere Sprache und daran ändert sich nichts, wenn Kitcher und Co. mit allen Mitteln der
Lyrik das verändern wollen. Nach wie vor gelten die vielen Erkenntnisse des Fachgebietes
Bionik, die im Einzelnen belegen, welche hervorragenden Konstruktionen bei den
verschiedenen Lebewesen zu finden sind.
Auf S. 80/81 entsteht der Eindruck als hätte Kitcher soeben etwas über die ID-Theorie
erfahren, von der bis zu diesem Zeitpunkt noch nichts wusste. Er schreibt ganz
überraschend folgendes: "Geschickte Vertreter dieser Auffassung [gemeint ist ID] räumen
ein, dass manche Arten durch eine gemeinsame Abstammung miteinander verbunden
sind oder dass dies sogar der Normalfall in der Geschichte des Lebens darstellt, bestehen
aber darauf, dass es in dieser Geschichte besondere Augenblicke gebe, in denen eine
schöpferische Kraft wirklich neue Baupläne erschaffen habe." Hätte Kitcher diesen Satz
nicht eher schreiben können? Dann hätte er fast 70 Seiten seines Buches bis zu dieser
Stelle sparen können!
Wie bereits oben dargelegt, wird im Rahmen der ID-Theorie die horizontale Evolution als
ein wesentliches Thema angesehen, denn die Fähigkeit der biologischen Systeme, sich
durch Evolution den unterschiedlichsten Bedingungen anpassen zu können, wird als eines
der wichtigsten ID-Signale gedeutet. Die Tatsachen zeigen, dass die genetischen Systeme
der Zelle derartig komplex sind und auf die unterschiedlichsten Szenarien der evolutiven
Anpassung vorbereitet sind. Eine riesige Maschinerie arbeitet permanent an der Erhaltung
und Stabilität der codierten Informationen einerseits und eine ebenso reichhaltige
Maschinerie ermöglicht der Zelle die Regulation des Zugriffs auf den genetischen Code,
um diesen selektiv und operativ zu nutzen.
Endlich, auf S. 89, wendet Kitcher sich dem umfassenden Problem der fehlenden
Bindeglieder zu. Es gibt eine Fülle von Fossilien für die Dokumentation der horizontalen
Evolution, aber diese fehlen allesamt an exakt den Positionen, wo völlig neue Baupläne
der Lebewesen auftauchen. Kitcher schreibt: "Schon Darwin klagte über die Spärlichkeit
der fossilen Funde und verglich sie mit einem Buch, in dem die meisten Seiten fehlten und
auf den restlichen Seiten die meisten Wörter ausgestrichen seien. Jetzt folgt eine
ausführliche Darlegung, welcher Glücksfall es gewesen sei, dass überhaupt ein Lebewesen
fossilieren konnte und welcher Glücksfall es ist, wenn ein Fossil auch gefunden wird. Dann
erklärt Kitcher, dass Fossilien auch nicht über alle gewünschten Details Auskunft geben
kann, da dessen Weichteile nicht erhalten sind. So kann z.B. kein Fossil gefunden werden,
das den Übergang der Fortpflanzungs-Organe zwischen Reptilien und Säugern
dokumentiert. Da es also keine Fossilien für die entscheidenden Übergänge gibt,
argumentiert Kitcher wie folgt: "Hier werden Fossilien ganz bestimmter Art verlangt, aber
wie uns die Physik und Chemie der Fossilierung lehrt, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass
solche Fossilien existieren, nahezu bei null."
Tatsache ist, dass Fossilien aller möglichen Lebensformen mit Weichteilen existieren.
Sicher ist die Wahrscheinlichkeit, bestimmte Fossilen zu finden geringer als für andere.
Man darf die Forderung nach den entscheidenden Fossilien jedoch nicht als belanglos
beiseite tun. Die zur Diskussion stehenden nicht gefundenen Fossilien hätten eine
unschlagbare Beweiskraft für die vertikale Evolution und würden viele Argumente der ID-
Theorie zerstören. Fakt ist, diese Fossilien existieren nicht und das muss auch offen
zugestanden werden, heute nach dem man 150 Jahre lang danach gesucht hat.
Auch wenn Kitcher am Ende des Kapitels wieder betont, "Der Darwinismus ist keine
'mangelhafte Theorie', die mit zahlreichen Problemen zu kämpfen hätte", so nützen diese
Worte nichts, wenn die Fakten fehlen. Der Darwinismus ist eine Theorie, die über das Ziel
hinaus schießt und nur teilweise belegt werden kann. Dort, wo dieser Theorie die Beweise
fehlen und ganz sicher auch weiterhin fehlen werden, dort sprechen die Fakten für die
Intelligent-Design-Theorie und im Übrigen sieht die ID-Theorie keine Widersprüche zu
Darwins Theorie.