Was ist Darwinismus?
 

Diese Frage behandelt Prof. Dr. Wolfgang Kuhn in dem Aufsatz "Darwins Evolutionstheorie -  
Eine bleibende Herausforderung", wobei er darauf hinweist, dass Darwin auf eine lange  
Geschichte seiner Ideen zurückgreifen konnte.
 
Was ist Darwinismus
 
"Nicht dasselbe wie Abstammungslehre oder Evolutionstheorie! Der Gedanke einer  
Umwandlung der Arten und allmählichen Höherentwicklung stammt nicht von Darwin,  
sondern ist sehr viel älter. Bereits in der griechischen Antike tauchte er auf (Empedokles, +  
430 v. Chr.), und für viele überraschend vertraten auch bedeutende Kirchenlehrer wie  
Basilius (+ 379 n. Chr.), Chrysostomus (+ 407 n. Chr.) und Augustinus (+ 430 n. Chr.) die  
Überzeugung, Gott habe nicht jede Art von Lebewesen einzeln erschaffen, sondern der toten  
Materie den Auftrag erteilt, Lebewesen hervorzubringen. Augustinus nannte diese göttlichen  
Zeugungskräfte "rationes seminales" und meinte, nicht durch direktes, persönliches  
Eingreifen Gottes in das Naturgeschehen sollte die Erschaffung der ersten Lebewesen erklärt  
werden, sondern aus den – freilich von Gott stammenden! – Gesetzen und Kräften dieser  
Materie: "In prima institutione naturae non quaeritur miraculum, sed quid natura rerum  
habeat" [3].
 
Auch unter den bedeutenden Naturforschern gab es vor Darwin viele, die an der Artkonstanz  
zweifelten. Im Gegensatz zu Linné (+ 1778), dem Schöpfer unseres Systems der Pflanzen  
und Tiere, von dem der bekannte Ausspruch stammt: "Es gibt genau so viele Arten, als das  
unendliche Wesen zu Anbeginn geschaffen hat", war Buffon (+ 1788) ebenso von einer  
allmählichen Entwicklung der Arten überzeugt wie Saint Hilaire (+ 1844). Eine Ursache für  
die Höherentwicklung aber glaubte erstmals Lamarck (+ 1829) angeben zu können. ... "