Evolution
Haldanes Dilemma
Quelle:
"Haldanes Dilemma:
Wenn in einer Population eine nützliche Mutation vorkommt, müssen möglichst viele Kopien
davon verbreitet werden, damit die Evolution weitergehen kann. Mit anderen Worten
müssen die Individuen, die diese Mutation noch nicht enthalten, ersetzt werden. Die
Geschwindigkeit, womit dies geschehen kann, ist jedoch begrenzt. Einer der Hauptfaktoren
für die Begrenzung ist die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der betreffenden Art. Für eine
menschenähnliche Art mit einer Generationenzeit von 20 Jahren und einer tiefen
Reproduktionsrate pro Individuum ist die Weiterverbreitung einer Mutation in der Population
extrem langsam.
John B.S. Haldane (1892-1964) ist einer von drei Begründern der modernen
Populationsgenetik. In einer einfachen Überschlagsrechnung ging er davon aus, dass es
eine Population von 100'000 Vorfahren gegeben haben könnte, in der ein Männchen und
ein Weibchen gleichzeitig (!) eine so vorteilhafte Mutation erhielten, dass sie alle anderen
überlebten (was an sich bereits sehr unwahrscheinlich ist). Der ganze Rest (alle übrigen
99'998) der Population starb aus, und das überlebende Paar konnte die ganze Population
wiederherstellen. Dieser Prozess müsste sich im Verlauf von 10 Millionen Jahren in jeder
Generation (also alle 20 Jahre) wiederholt haben, damit 500'000 (10'000'000 / 20)
vorteilhafte und perfekt abgestimmte Mutationen in die Population hineinkommen konnten.
Diese 500'000 Mutationen würden jedoch erst 0,02% der erforderlichen 5% ausmachen.
Wenn realistischere Raten von Fitness/Selektion und Populationserneuerung angenommen
werden, reichen selbst 2,5 Milliarden Jahre bei Weitem nicht aus.
1960 wurde Haldanes Dilemma diskutiert, doch seither ist es in den Fachzeitschriften kein
Thema mehr. Das mag damit zusammenhängen, dass die mathematische Modellierung
solcher populationsgenetischer Prozesse extrem komplex ist. Heute konzentriert sich die
Forschung primär auf die Erhebung der Anzahl vorteilhafter Mutationen, die tatsächlich
feststellbar sind. Für weiterführende Berechnungen fehlen bis heute wichtige Grundlagen.
1992 hat der bekannte Evolutionsgenetiker George C. Williams bemerkt: "Die Zeit ist
gekommen für eine neue Diskussion und die experimentelle Inangriffnahme von Haldanes
Dilemma". Der Appell hatte offenbar keine Wirkung auf seine Kollegen. Immerhin hat Walter
ReMine 1993 eine umfangreichere Arbeit publiziert, worin er die Angelegenheit im
Einzelnen untersuchte. Er hat am Thema weitergearbeitet, seine Argumente verfeinert und
Versuche der Vernebelung durch Evolutionisten behandelt. Leider ist es bis heute zu keinem
ernsthaften Disput darüber gekommen. ReMine hält fest, dass Haldanes Dilemma noch nie
gelöst, sondern lediglich vertuscht, entstellt und voreilig beiseitegewischt wurde."
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