Die Praxis des ontologischen Naturalismus


Eine Betrachtung am Beispiel des Artikels:  Schöpfung gegen Evolution – und kein Ende? -


Kardinal Schönborns Intelligent-Design-Kampagne und die katholische Kirche von Thomas Junker. Dieser Artikel ist in dem typischen Stil der eifernden Evolutionsbiologen geschrieben. Selbst wenn man es möchte, man liest es allein deswegen nicht so gern.

Da liest man schon bald den folgenden Satz: "Nun, ohne diesen so genannten „Evolutionismus“,  ... d.h. ohne die moderne Evolutionstheorie wäre die Menschheit noch so unwissend wie vor 200 Jahren."

Da fragt man sich schon, woher der Schreiber solches "Wissen" bezieht, da doch die Natur-Wissenschaften im Prinzip völlig ohne die Evolutions-Thesen den wesentlichen Einfluss auf den Fortschritt der Menschheit hatten. Denken wir an die Physiker, Chemiker, Mediziner, Astronomen der letzten 200 Jahre, so wird schnell klar, dass dort der Motor des Fortschrittes lag - dabei sind die Ingeneure und Techniker und Elektroniker und vor allem auch die Mathematiker nicht wegzudenken. Und wenn wir hier noch einmal ins Detail gehen, dann fällt doch auf, dass die meisten dieser Wissenschaftler, die die Grundlagen der modernen Wissenschaft erst möglich machten, an einen Schöpfer "glaubten" und damit nicht die geringsten Probleme hatten, eine exakte Wissenschaft zu betreiben. Vermessene Anhänger des Naturalismus behaupten zwar, die Wissenschaftler hätten früher unter Gruppenzwang gestanden, weil die Kirche die Oberaufsicht geführt habe, doch so einfach ist die Realität eben nicht! Auch wenn wir weiter zurück in die Geschichte gehen, dann kommen wir zu der selben Erkenntnis. Es gab zu jeder Zeit Fortschritt und zwar auf allen Gebieten des Denkens und Wirkens. Die letzten zwei Tausend Jahre christliches Europa waren von Fortschritt gezeichnet und zwar einem schnelleren Fortschritt als irgend wo sonst auf der Welt.
 
Herr Thomas Junker schreibt einige Zeilen später: "Es ist die einzige heute wissenschaftlich anerkannte Evolutionstheorie, sie ist eine zentrale Grundlage der gesamten Biowissenschaften und eine der am besten bestätigten biologischen Theorien überhaupt. Wenn es Kontroversen bei diesem Thema gibt, dann drehen sich diese nicht um die Tatsache der Evolution also solche, sondern um Detailfragen. Kern und integraler Bestandteil der modernen Evolutionstheorie ist das Prinzip der natürlichen Auslese (Selektion) als wichtigster kausaler Faktor."

Dass diese Behauptung reines Wunschdenken ist, wissen vor allem jene, die sich mit den Fakten befassen. In Wirklichkeit besteht ein riesiger Bedarf an Aufklärung, an wissenschaftlicher Arbeit, denn ob Glaube oder Ideologie - beides ist "Nicht-Wissen"! Die Evolutions-Biologen benutzen seit einigen Jahren eine neue Strategie, die darin besteht, Debatten über die Richtigkeit der Evolutions-Theorie gar nicht mehr zu akzeptieren, da man über eine völlig erhabenen Theorie eben nicht mehr zu streiten braucht. So lehnte der deutsche Evolutions-Lehrer, Kutschera, eine Einladung zu einer öffentlichen Debatte im ORF ab. Dazu schreibt Thomas Junker: "Aus zeitlichen und vor allem inhaltlichen Gründen lehnte Ulrich Kutschera das ehrenvolle Angebot zur Teilnahme am ‚philosophicum’ wenige Tage später ab. Aus wissenschaftlicher Sicht gäbe es weder über die Tatsache der Evolution noch über ihren kausalen Mechanismus eine Diskussion. Dies werde aber durch den Begleittext zur Sendung suggeriert, durch den bei Laien „die Botschaft hängen bleibt, dass innerhalb der Biologie über die Evolution gestritten würde“ (Kutschera 2006b: 19)."

Geradezu unglaubwürdig wird diese Aussage des Herrn Kutschera durch den Kommentar von Thomas Junker, der nämlich nur wenige Zeilen später schreibt: "Was war von der Diskussionsrunde zu erwarten? Unter sachlichen Gesichtspunkten konnte man sich wenig bis nichts versprechen, da meine Gesprächspartner keinerlei fachliche Kompetenz in Sachen Evolutionsbiologie aufwiesen." Also konnte ja gar nicht "innerhalb" der Biologie gestritten werden - oder? Interessant scheint mir in diesem Kontext die Ansicht der verantwortlichen Evolutions-Biologen, dass sie davon ausgehen, dass bei "Laien" nur Bruchstücke der ganzen Botschaft "hängen" bleiben. Ich befürchte, dass das "Wissen" um diesen Fakt, von ihnen sehr einseitig beansprucht wird. Übrigens wird sehr wohl um sehr Wesentliches in der Evolutionsbiologie gestritten, wie das vor kurzem erschienene Buch von Jerry Fodor und Massimo Piattelli-Palmarini  „What Darwin got wrong“ beweist. Darin kritisieren sie die auf Darwin zurückgehende Selektionstheorie. Ihrer Ansicht nach sei überhaupt nicht bewiesen, dass die Selektionstheorie die Entstehung neue Formen erklären kann. Da diese beiden Wissenschaftler selbst Evolutions-Biologen sind, wird damit eine wichtige Etappe in der Suche nach der Wahrheit eröffnet.
   
Etwas später im Artikel schreibt der Autor: "Stattdessen stehen weltanschauliche und politische Interessen im Vordergrund und als Sieger geht aus den Kontroversen meist hervor, wer durch Medienpräsenz und –macht bevorteilt wird. Auf dem Gebiet der Massensuggestion verfügt die Kirche aber sowohl über große historische Erfahrung als auch über enorme Mittel und ist so in der Lage, ihren notorischen Mangel an fachlicher Kompetenz mehr als wettzumachen." Diese Sätze verdienen die gesamte Aufmerksamkeit des Lesers, gleichen sie doch einer Offenbarung. Ein wesentliches Argument der Evolutionsgegner war schon seit langem, dass die Evolutions-Theorie nur im Rahmen der wirklich wissenschaftlichen Arbeit auch wissenschaftlichen Charakter hat, während aber die Vermittlung in den meisten Lehrbüchern eher einer religiösen Lehre gleicht - zumindest aber eine Ideologie ist. Das wird seitens der Evolutions-Verfechter natürlich heftigst bestritten.

Was die Medienpräsenz betrifft, so muss sicherlich nicht ernsthaft nachgewiesen werden, welche Position in den allermeisten Sendungen im Rundfunk oder im Fernsehen implizit oder explizit vertreten wird. Auch das Medium "Buch" darf nicht übersehen werden. Auf diesem Sektor dominiert mit weit über 90% die Darstellung der Evolutionstheorie, während andere Darstellungen kaum verlegt werden. Darf man das also als "Massensuggestion" bezeichnen? Wahrscheinlich hat T. Junker damit recht.

Noch einmal geht der Autor auf den Erkenntnis-Fortschritt der Menschheit ein und versucht den Eindruck zu erwecken, dass dieser quasi eine Folge der Evolutions-Theorie sei. Er schreibt: "Im Laufe der Menschheitsgeschichte zeigte sich, dass Phänomene, die man ursprünglich für Äußerungen von Geistern und Göttern gehalten hatte, natürliche Ursachen haben: Das Heulen des Windes in einer Felswand entpuppte sich nicht als Stimme eines Geistes, Blitz und Donner nicht als Wutausbruch eines Gottes, sondern jeweils als unpersönliche Naturvorgänge. Allgemein haben sich Behauptungen für eine religiöse Verursachung (Wunder) in den Fällen, in denen eine genauere Untersuchung möglich war, regelmäßig in Luft aufgelöst."

In den Kreisen der heutigen Naturalisten mag das sicher so gesehen werden, doch diese Sicht ist derart kurz, dass man von totaler Kurzsichtigkeit sprechen muss. Die Entwicklung der Menschheit konnte nur auf bestimmten Wegen erfolgen und solange die Naturwissenschaften (und auch hier könnte man die Evolutions-Biologie getrost ausklammern) nicht die erforderliche Reife hatten, suchten unsere Vorfahren falsche Erklärungen für bestimmte Naturvorgänge. Wie sollten sie denn eine bessere gefunden haben? Es ist also absolut unfair, sich heute über unser Vorfahren zu erheben, die vor Jahrhunderten eben noch nichts von Physik oder anderen Wissenschaften verstanden. Jedenfalls kann man in der heutigen Zeit das "Heulen des Windes" und den "Blitz und Donner" richtig deuten, aber bestimmt nicht, weil die Evolutions-Theorie dazu beigetragen hat. Diese Aufklärung verdanken wir jenen Physikern, die in der Regel sogar die Evolutions-Theorie abgelehnt hatten.

Einen philosophischen Gedanken äußert der Autor mit folgenden Worten: "Wenn die Wissenschaft aber nicht in der Lage sein sollte, ein angeblich ‘leicht und klar’ erkennbares Naturphänomen (‚Ziel und Plan in der natürlichen Welt’) zu identifizieren, dann handelt es sich entweder um ein Phantasiegebilde – oder es gibt diesen Plan, dann wäre seine Unauffindbarkeit durch die Wissenschaft eine Bankrotterklärung, die sie in ihren Grundfesten erschüttern würde."

Die naturalistischen Evolutions-Biologen machen konsequent immer wieder den selben Fehler, wenn sie sich über den gegenwärtigen Zustand der Biologie äußern. Der Fehler ist der, den sie in ihren manchmal allgemeingültigen Veröffentlichungen über den methodischen Naturalismus gern prophylaktisch schon mal nennen um dann gleich zu schwören, dass sie da immun seien. Der Fehler  besteht eben darin, den aktuellen Kenntnisstand als beinahe definitiv darzustellen - zumindest so, dass keine grundlegend neuen Entdeckungen mehr hinzu kommen könnten. Mit dieser Position, die mit Wissenschaft völlig unvereinbar ist, darf man die oben gemachte Behauptung auch veröffentlichen. Die Wahrheit ist jedoch, dass genau jene Biologen, die behaupten, niemand habe bisher den Designer entdeckt, es sind, die die wissenschaftliche Suche nach dem "Intelligenten Designer" mit allen Mitteln zu verhindern suchen. Das Drama ist gegenwärtig sehr aktuell und lässt sich vergleichen damit, dass ein Richter von einem Zeugen ein Dokument als Beweis verlangt, aber gleichzeitig dem Zeugen verbietet, das Dokument zu suchen.

Die Tatsachen sprechen zu dem eine andere Sprache, als T. Junker hier behauptet. Wenn man den ID-Forschern folgt, so gibt es durchaus einige interessanter Indizien, die den Schluss zulassen, dass Intelligenzen aktiv waren, bevor der Mensch auf die Erde kam. Wir dürfen daher interessiert daran sein, ob die Wissenschaft einen  Plan entdecken kann oder eben nicht. Wenn etwas sicher ist, dann nur eines, nämlich dass es derzeit absolut zu früh ist, eine so wichtige Frage einfach zu ignorieren oder gar der Lächerlichkeit preizugeben. Warum sind denn Evolutions-Biologen nicht an einer solchen Suche interessiert - zumal doch die erforderlichen technischen Mittel für eine tiefgreifende Analyse des Lebens erst seit wenigen Jahren zur Verfügung steht?

Natürlich muss die Wissenschaft sich frei entfalten dürfen. Solange das nicht der Fall ist, haben wir allerdings Grund zur Sorge. Evolutions-Verfechter in vielen Ländern organisieren eine regelrechte Kampagne gegen jede wissenschaftliche Aktivität der ID-Forscher.

In dem erwähnten Artikel schreibt der Verfasser einige Zeilen später: "Zur Erinnerung: Die Evolutionstheorie ist eine erstaunlich junge Theorie. Es ist die vielleicht einzige grundlegende, das Weltbild prägende, naturwissenschaftliche Theorie, die den Naturforschern der Antike und Renaissance zugänglich gewesen war, aber von ihnen nicht vorgedacht wurde. Erste vorsichtige Spekulationen über die gemeinsame Abstammung und die Evolution der Arten publizierte der französische Naturforscher George Buffon im Jahr 1753."

Von der Antike (Thales, Epikurer und viele mehr) bis zum frühen Mittelalter gab es sehr wohl viele Vordenker zur heutigen Evolutions-Theorie. In dem Buch "Evolutionsbiologie" (Kutschera) hießt es z.B. auf S. 99: "Aus diesen Beobachtungen zogen Generationen von Philosophen und Naturwissenschaftler die naheliegende Schlussfolgerung, dass Mikroorganismen und andere "niedere" Lebewesen während des Fäulnisprozesses aus unbelebter Materie gebildet werden. Diese Hypothese von der Urzeugung (spontane Neubildung lebender Organismen bei Abwesenheit von Luftsauerstoff) konnte erst 1860 durch die berühmten Experimente des Chemikers Louis Pasteur (1822-1895) endgültig widerlegt werden." Pasteur war Chemiker und Physiker. Die Urzeugungs-Theorie war eine naturalistische Theorie.

Die Entwicklung der Menschheit verlief eben in wechselseitiger Abhängigkeit von vorwiegend anderen Wissenschaften als der Biologie, wie oben bereits ausgeführt. Und so kam es, dass die Aufklärung vor einigen Jahrhunderten erst einsetzte, als zum größten Teil christliche Gelehrte den Naturphänomenen nachgingen und wissenschaftlich erklärten. Die Entdeckungen Darwins gehören ohne Zweifel auch zu den Errungenschaften der letzten Jahrhunderte, doch diese Entdeckungen wurden von Ernst Haeckel in eine Richtung gedeutet, die die wissenschaftliche Arbeit entwertete und Darwins Lehre zu einer Ideologie umformte. Haeckel sah es nämlich als sein oberstes Ziel an, die Menschen von den alternativen religiösen Ansichten zu "befreien". Haeckel nahm somit die Entdeckungen Darwins in seiner Interpretation bereits als bewisen voraus und benutzte diese Lehre als Kampfmittel gegen die Religion. Auch wenn man ihm in dieser Hinsicht eine ehrenwerte Absicht unterstellen mag, so bleibt die wesentliche Feststellung, dass mit der Evolutions-Lehre eben oft Emotionen an die Stelle von Wissenschaft gestellt werden.

Die Konfrontation mit der Religion ist bis in die Gegenwart hinein ein wesentlicher Aspekt der Evolutionslehre. So ist es nicht verwunderlich, dass T. Junker noch schreibt: "Und schließlich wollte ich demonstrieren, dass Wissenschaftler bei der Konfrontation mit Vertretern etablierter Religionen durchaus nicht in Kleinmut verfallen müssen, sondern dass sie allen Grund zum Stolz auf das schon Erreichte haben und das auch ausstrahlen können."



siehe:        Die Probleme mit dem Naturalismus

siehe:        Die Irrtümer des Evolutionisten Richard Dawkins