Die Probleme mit dem Naturalismus
Das erste Problem ergibt sich schon, wenn man herausfinden möchte, wie denn "Naturalismus" streng wissenschaftlich definiert werden soll. Da gibt es endlose Debatten über "starken" und "schwachen" Naturalsismus, über "ontologischen" und "methodischen" und "methodologischen" und weitere Naturalismen. Der "starke" Naturalismus ist dadurch gekennzeichnet, dass er "transzendente Bereiche" völlig ausschließt (was auch immer das sein mag). Das Universum sei ziel- und sinnfrei und der Mensch sei unbedeutende Materie in diesem Universum.
Naturalisten möchten sich durch die Aussage, dass "alle Erscheinungen" den Naturgesetzen unterliegen, von anderen Positionen abgrenzen. Doch allein an diesem Kriterium kann man den Naturalismus bestimmt nicht festmachen, denn gemäß dieser Definition gäbe es keine andere Position, weil in unserer modernen Welt fast jeder Mensch ein Naturalist wäre. Andererseits sollte man solche Ansprüche genauer betrachten und die Frage aufwerfen, was der Naturalist mit "alle Erscheinungen" denn meint.
Naturalisten gehen natürlich auch davon aus, dass die Methoden der Naturwissenschaften ausreichen, um in allen Forschungsgebieten erfolgreich arbeiten zu können. Das ist natürlich nichts anderes als eine These. Es ist eigentlich das Dogma, was den Naturalismus ausmacht. Das Problem liegt dabei nicht in der Aussage selbst, sondern implizit darin, was damit eben nicht ausgesagt wird. Es fehlt ganz einfach der Blick in die Zukunft - es fehlt jeder Hinweis darauf, dass wir Menschen erst völlig am Anfang stehen und unsere wenigen Forschungen auf manchem Gebiet überhaupt nicht zulassen, solche definitiven Aussagen zu machen, wie es der Naturalismus leider tut.
Der moderne Naturalismus hat sich wie ein trojanisches Pferd in die Naturwissenschaften einbringen lassen, denn die meisten "Nutzer" dieses Pferdes wissen gar nicht so recht, welche Probleme sie sich damit bereiten. Im Grunde genommen steckt in diesem "Pferd" der Gott "Materie", dem die selbe Allmacht zugeschrieben wird, wie tief religiöse Menschen sie ihren Göttern zuschreiben. Um diese Überlegung zu verdeutlichen, muss man nichts weiter tun, als den Zeitablauf seit dem "Urknall" gedanklich im "Zeitraffer" ablaufen zu lassen. Was sehen wir dann gemäß dem Weltbild der Materialisten? Wir sehen den "Urknall", ein paar Minuten später die Bildung der Galaxien und wieder ein Paar Minuten später sehen wir das Sonnensystem und dann das Leben auf der Erde. Alles verlief wie am Band und es war alles wunderbar gesetzmäßig. Nichts war mysteriös - alles erklärbar! Leben ist letztlich das naturgesetzliche Endprodukt der Materie. Unbeantwortet bleibt allerdings die Frage: Warum hat die Materie diese schöpferischen Eigenschaften?
Die Kernfrage nach den Ursachen dafür, dass alles in der bekannten Weise abläuft, wird nicht nur nicht gestellt, sondern sie ist tabu. Und genau daran wird das wahre Wesen des Naturalismus erst sichtbar. Das Wesen des Naturalismus besteht nämlich allein darin, ein Theorie-Gebäude zu errichten, das nur so lange hält, wie man diese eine Frage weglässt. Und die Antwort auf diese Frage führt uns, auch wenn wir uns mit Wortschöpfungen und Begriffen noch so schwertun, zu einer Antwort, die in letzter Konsequenz eben nichts mehr mit dem methodischen Naturalismus zu tun hat.
Fakt ist, dass die Existenz der Materie und Energie uns Menschen mit dieser Frage konfrontiert, die zur Zeit nicht mit verfügbaren wissenschaftlichen Methoden beantwortbar ist. Gleichzeitig ist die Existenz der Materie jedoch der Grund für alle Erscheinungsformen der (materiellen) Welt. Die Naturgesetze sind mit der Existenz der Materie gekoppelt und genau diese bestimmen den Ablauf aller Prozesse. Es liegt also jedem Prozess und jedem Objekt eine Kausalkette zugrunde, die auf eine nicht falsifizierbare Ursache zurückgeführt, nämlich den Ursprung der Materie selbst. Ob jemand eine naturalistische Position oder eine andere Religion vertritt, einen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit kann hier zur Zeit überhaupt nicht geltend gemacht werden. Es bleibt der Glaube, den man bekanntlich definiert als eine subjektive Gewissheit, die ohne Begründung auskommt.
Nun gibt es auch den "Gummi-Naturalismus". Der zeichnet sich dadurch aus, dass er auch mit dem eben geschilderten Problem zurechtkommt, denn letztlich sei alles Natur. Dem ist nur zuzustimmen und das ist auch die Position der ID-Wissenschaftler. Nur, wenn man den Naturbegriff soweit ausdehnen kann, dann ist ID auch Naturalismus.
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Die Praxis des ontologischen Naturalismus
Die Irrtümer des Evolutionisten Richard Dawkins