Auf der S. 185 befasst sich Dawkins mit der Motivation von ID-Wissenschaftlern und kommt zu dem Schluss: "Aber solche Arbeiten würden nicht getan, wenn die Wissenschaftler sich faul mit einem Automatismus wie der Theorie  des 'Intelligent-Design' zufrieden geben würden." Hier  schreibt einer, der es wohl wissen muss, werden viele denken. In Wirklichkeit scheint Herr Dawkins von der Motivation der ID-Wissenschaftler jedoch nichts zu wissen. Seine Aussage gehört in die große Gruppe der Schatten-Argumente, die Evolutionisten immer dann produzieren, wenn sie von privaten Definitionen ausgehen, anstatt einmal real zu recherchieren. Dann würde auch Herr Dawkins ganz schnell und wahrheitsgetreu über Motivation und Ziel der ID-Wissenschaftler informiert.

Also kann man in seinem Buch leider nicht erwarten, korrekte Informationen über ID zu erhalten, da sein Wissen offensichtlich einseitig ist und immer ohne Dialog zustande kommt. Er unterstellt den ID-Wissenschaftlern (imaginär, wie er sagt) nun folgende unsinnige Einstellung:
"Wenn ihr nicht versteht, wie etwas funktioniert - macht euch nichts draus. Gebt einfach auf und sagt, dass Gott es gemacht hat. ... Bitte arbeitet nicht weiter an solchen Fragen! Gebt einfach auf und beruft euch auf Gott!"

Zur Rechtfertigung seiner absurden Behauptung beruft Dawkins sich nicht etwa auf einen ID-Wissenschaftler, sondern er zitiert den heiligen Augustinus, der im 4. Jahrhundert gelebt hat und dessen Schriften sich gegen den damaligen Einfluss der heidnischen Religionen wandten. Herr Dawkins, wie können Sie solche unterschiedlichen Anliegen mit einander in Verbindung setzen? Und wie können Sie denn behaupten, die Schriften des heiligen Augustins seien für ID-Wissenschaftler in irgend einer Form bindend?

Wer das Buch liest, wird oft den Verdacht haben, dass Dawkins gelegentlich selbst bemerkt, dass er den Leser täuscht. Man vermutet, Dawkins rechtfertigt seine Argumentations-Methode der Halbwahrheiten damit, dass er es nur gut mit uns meint, damit so viele Leser wie möglich, nach dem Lesen des Buches "befreite" Atheisten sind. Er wünscht sich (S.18): "Wenn das Buch die von mir beabsichtigte Wirkung hat, werden Leser, die es als religiöse Menschen zur Hand genommen haben, es als Atheisten wieder zuschlagen."

Warum Dawkins wahrscheinlich auch in diesem Punkt irrt, beschreibt Kevin Logan anhand eines früheren Werkes von Dawkins ("Das egoistische Gen") wie folgt: "Erstaunlicherweise hatten einige der führenden Atheisten wie z.B. Richard Dawkins und andere Wissenschaftler mit großer Medienpräsenz, eine überaus inspirierende Wirkung auf die Kreationisten. Als Dawkins behauptete, der Mensch sei 'nicht mehr als ... eine Einwegschachtel, um den Genen das Überleben zu sichern', da provozierte er eine geharnischte Gegenreaktion. Mit seinem militanten Atheismus und der verächtlich-beleidigenden Art den Christen gegenüber bewirkte er das genaue Gegenteil von dem, was er eigentlich bezweckte - nämlich eine richtiggehende Renaissance des Kreationismus. Viele Christen bezogen wohl nur deshalb Stellung gegen die Evolution, weil sie sahen, wie Dawkins mit dieser Theorie seinen Atheismus rechtfertigte."

Das Anliegen Dawkins ergibt sich auch, wenn man die Entwicklung seiner Gedankengänge über mehrere seiner Publikationen hinweg verfolgt. War er anfänglich nur antireligiös und bezeichnete den Glauben an Gott als kindisch, so ist sein Stil inzwischen militant antireligiös geworden. Er möchte im Grunde eine Revolution einleiten, ja sogar erzwingen, indem er sagt, dass Gott zu einer frühen abergläubigen Epoche der Menschheits-Geschichte gehörte, aber nun sei die Zeit, sich davon zu befreien. Vermutlich wird jede erzwungene Revolution scheitern, denn die Menschheit muss in jede Veränderung hineinwachsen und mit echter Langmut belehrt werden.

McGrath macht in seinem Buch "Der Atheismuswahn" darauf aufmerksam: "Erstaunlicherweise finden sich kaum wissenschaftliche Analysen in der "Der Gotteswahn". Stattdessen gibt es eine Menge pseudowissenschaftlicher Spekulationen, gespickt mit allgemeiner Religionskritik, die größtenteils aus älterer  atheistischer Literatur entliehen ist."



(S. Taborek, 30.07.2010)


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siehe auch:   Der Atheismuswahn


siehe auch:
„Atheisten aller Länder vereinigt euch!“ von Winfried Schley